Miltner: „Die F1 ohne Monaco geht nicht – aber man muss endlich reagieren“

Fahrer, Teamchefs und Fans sparten nicht mit Kritik am gähnend langweiligen WM-Lauf in Monaco. Wir haben mit Formelaustria Herausgeber Harry Miltner gesprochen, der seit über 20 Jahren in der Formel 1 arbeitet und auch heuer in Monaco vor Ort war, was sich ändern muss

Harry, Du warst in Monaco vor Ort. Wie hast Du das Wochenende erlebt?

Bis auf das Rennen war es das jährlich Spektakel, eine riesige Show für die Zuschauer und der perfekte Ort für Deals für die Leute hinter den Kulissen.

Und aus sportlicher Sicht?

Das  Qualifying war großartig, einerseits, weil mehrere Teams auf demselben Niveaus unterwegs sind, andererseits, weil die Fahrer es lieben, mit ihren Autos durch die engen Gassen zu rasen.

Nach dem Rennen war aber gerade die Kritik der Fahrer enorm….

Und das aus verständlichen Gründen. Die FIA hatte versucht, mit der Zwei Stopp Regel Abwechslung ins Feld zu bringen und so die Prozession aus dem Vorjahr zu verhindern. Doch der Schuss ging nach hinten los.

Inwiefern?

Jeder weiß, dass man mit den modernen Autos hier nicht überholen kann. Daher kommt alles auf den Startplatz und die Boxenstrategie an. Zu letzterem wissen die schlauen Köpfe der Teams genau, was sie tun, und daher haben sie einfach berechnet, welchen Vorsprung sie gegenüber der Konkurrenz für den Reifenhalt brauchen. Diese Differenz hat dann der jeweilige Stallgefährte herausgebummelt. Das hat keinem Spaß gemacht, weder den bummelnden Piloten noch denen dahinter.

Daher hat George Russell die Abkürzung genommen….

George ist irgendwann der Geduldsfaden gerissen. Er hat sich gedacht, ich pfeif drauf, fahr nach dem Tunnel geradeaus und nehm die Zeitstrafe in Kauf. Das fanden die Stewards gar nicht witzig und brummten ihm eine Durchfahrtsstrafe auf.

Nun ist viel geschimpft worden. Aber auf Monaco verzichten will auch keiner. Was ist die Lösung?

Ein Rennkalender ohne Monaco ist wie eine Formel 1 ohne Ferrari. Monaco ist ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Königsklasse, der Treffpunkt der Reichen und Schönen, und, wie gesagt, der Platz, an dem viele Geschäfte gemacht werden.

Verstanden. Aber was muss man tun, damit der Grand Prix wieder zu einem Rennen wird?

Ich denke, es muss an mehreren Stellen geschraubt werden: die Streckenführung ist definitiv ein Bereich, wo etwas möglich ist. Mit unserer Agentur HM Sports haben wir bereits vor zwei Jahren dem Automobile Club de Monaco eine Studie übergeben, was am Kurs gemacht werden kann.

Zum Beispiel?

Man kann vor Portier vor dem Kreisverkehr links abbiegen und durch diese Schleife die Gerade durch den Tunnel deutlich verlängern, was ein Überholen wesentlich vereinfachen würde. Oder wenn man nicht, wie bisher, am Casinoplatz vorbeifährt, sondern bei Beau Rivage noch weiter den Berg hinauffährt, dient die breitere Avenue Princesse Alice als Gegengerade. Im rechten Winkel kann man dann wieder zur Tip Top Bar zurück.

Gibt es noch Möglichkeiten, ohne die Strecke zu verändern?

Das Offensichtlichste ist, dass die Autos zu groß und zu schwer sind. Zudem gibt es kaum mehr technische Defekte und auch die Reifen halten praktisch ewig. Das ist alles Gift für ein Stadtrennen, egal, ob in Monaco oder in Long Beach. Die Strecke in Monaco ist eben besonders schmal, aber wären die Autos kleiner, die Motoren anfälliger, und die Reifen schneller am Ende, würden wir bessere Rennen sehen.

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