Indy-Sieger Ericsson will nun den Titel holen

Marcus Ericsson hat die 106. Auflage der Indianapolis 500 gewonnen und so viel Selbstvertrauen getankt, dass es nun auf den Titel losgehen will.

Wie hast Du geschlafen?

Ich konnte letzte Nacht nicht einschlafen. Und als ich es dann endlich konnte, wachte ich ein paar Stunden später wieder auf, weil ich immer noch so aufgeregt war! Mir wurde klar, dass es kein Traum war, es ist Realität!

Wie hattest Du das Rennen angelegt?

Wir waren den ganzen Mai in der Vorbereitung stark. Am Renntag hatte ich wirklich das Gefühl, dass wir das Auto für den Sieg hatten und ich als Fahrer bereit war. Von Platz fünf aus konnte ich die ersten 130 Runden einfach in den Top 5 bleiben, um dann von da an loszulegen. Also habe ich die ersten 100 Runden auf P4 meinen Wagen und die Reifen geschont, und habe Sprit gespart. Dann gab es die dritte Gelbphase wegen Romain Grosjeans Unfall (Runde 106) und ich fiel beim Boxenstopp durch einen Stau mit Jimmie (Johnson) auf P8 zurück. Das war ein schwerer Schlag, denn mit den höheren Temperaturen hatte die Strecke viel an Grip verloren und die Dirty Air half auch nicht. Aber ich konnte beim Restart Ed Carpenter abhängen und auf P7 vorfahren. Ich viel Sprit gespart und als die Jungs vor mir zum Nachtanken abbogen, hatte ich noch genug Treibstoff, um ein paar Runden Vollgas zu fahren. Das erlaubte mir, direkt hinter den beiden McLarens herauszukommen. Von da an ging es darum, sie zu jagen.

Du schienst alle im Griff zu haben, es waren noch sechs Runden, und dann gab es Geld, weil Jimmy Johnson gecrasht war….

Ich dachte, ich hätte das Rennen gewonnen, als ich sie überholte und wegfuhr. Ich war in diesem letzten Stint so stark und sie kamen nicht heran, also habe ich nur die Runden heruntergezählt. Ich war wirklich sauer, als Gelb rauskam, weil ich wusste, wie schlimm es war, zu führen, besonders auf der Start-Ziel-Geraden, wo auch noch viel Gegenwind war. Aber diese 10 Minuten, während der roten Flagge in der Boxengasse zu sitzen, waren die härtesten 10 Minuten meines Lebens. Ich überlegte, was ich tun soll, dachte, dass ich das größte Rennen der Welt anführe, und ich so nah dran bin, es zu gewinnen.

Bei den vorangegangenen Restarts war der Führende immer die „Sitting Duck“, wurde von den Gegnern stehengelassen. Was ging Dir durch den Kopf?

Am Abend vor dem Rennen habe ich mit Dario (Franchitti, dreifacher Indy-Gewinner) zu Abend gegessen, und wir haben genau über dieses Szenario gesprochen. Er sagte mir, was ich in so einer Situation tun soll. Daran habe ich während der roten Flagge gedacht, habe mir einen Plan zurechtgelegt, und ihn perfekt ausgeführt, Ich bin so froh, dass es gereicht hat!

Und wie war dieser Plan?

Ich bin in den letzten 20 Runden des Rennens nicht mehr vom Gas gegangen, auch nicht in den letzten beiden Runden. Ich hätte den Fuß um nichts auf der Welt gehoben! Durch das Zick-Zack-Fahren konnte ich den Windschatten der Jungs hinter mir brechen, aber so kommst Du natürlich nicht durch die Kurven. Pato (O’Ward) kam in den Kurven 3 und 4 schnell näher, was sicher besorgniserregend war.

Aber bei 360 km/h einfach mal Schlangenlinien zu fahren, ist auch keine einfache Übung…

Ich hatte es noch nie zuvor gemacht, also war ich völlig unvoreingenommen und hab das im Freestyle gemacht! Ich weiß immer noch nicht, ob ich zu viel oder zu wenig getan habe. Ich musste einfach versuchen, es so oft wie möglich zu tun.

Bisher warst Du der am wenigsten von den US-Medien beachtete Chip Ganassi Racing Pilot. Hat Dich das nie gestört?

Ich denke, wenn du Dixie (Scott Dixon) und T.K. (Tony Kanaan), J.J. (Jimmy Johnson) und Palou, den Titelverteidiger, im Team hast, ist es einfach, dass Du nicht im Mittelpunkt stehst. Vielleicht ändert sich das nach heute ein bisschen … (grinst)

In der Formel 1 hattest Du mit kleinen Teams wenig Glück. In der IndyCar läuft es nun für Dich bei Chip Ganassi großartig. Bist Du heute auch ein besserer Fahrer als damals?

Ich fühle mich wirklich so, ja. Ich habe mich in den letzten Jahren stark entwickelt und mein Selbstvertrauen zurückgewonnen. Es gibt mir viel, zu wissen, dass ich gewinnen kann, und seit dem Sieg in Detroit im letzten Jahr ist es so, als wäre ich ein anderer Fahrer. Ich habe das Gefühl, dass ich jetzt meine Leistungsspitze erreicht habe, auf einem höheren Niveau als damals, als ich in der Formel 1 war.

Was ist das nächste Ziel? Der IndyCar Titel?

Letztes Jahr war schon stark, ich wurde Sechster gesamt und gewann ein paar Rennen. Und ich habe das Gefühl, dass ich dieses Jahr noch stärker bin. Ich hatte diesen kostspieligen Fehler in Long Beach, als ich auf P3 fuhr, und das waren 30 Punkte, die ich weggeworfen habe. Ohne diesen Unfall wäre ich schon vor den Indy 500 auf P3 oder P4 in der Meisterschaft gewesen. Aber jetzt habe ich wirklich das Gefühl, dass wir die Chance haben, die Meisterschaft zu holen – und das ist jetzt definitiv das Ziel.

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