Nico Müller dominiert diese Saison die DTM. Der Schweizer Audi-Pilot zieht nach zehn von 18 Rennen Zwischenbilanz und spricht über sein Verhältnis zu seinem Teamkollegen und Rivalen Robin Frijns
Über die Hälfte der DTM Saison 2020 ist absolviert. Wie fällt dein Zwischenfazit aus?
Natürlich sehr positiv. Vier Siege sind mir und meiner Crew gelungen und es könnten sogar mehr sein. Ich denke, das spricht für sich. Ich bin sehr happy mit der Arbeit, die wir als Team bisher vollbracht haben. Alle sind top motiviert und machen einen ausgezeichneten Job. Und ich fühle mich einfach wohl im Auto und kann abliefern.
Hat das erste Rennwochenende am Nürburgring ausgereicht, um deinen Frieden mit der Rennstrecke zu schließen?
Ich glaube, es war das stärkste Wochenende meiner DTM-Karriere. Was meine Performance angeht, aber auch die meiner Crew. Wir waren in jeder einzelnen Session das schnellste Auto im Feld. Viel besser kann man nicht Frieden schließen. Das Einzige war der Zwischenfall im Rennen am Sonntag mit dem defekten Sensor ab der fünften Runde. Das tut natürlich weh, wenn man so Punkte liegen lassen muss.
Wie fühlt es sich an, die Schweizer Fahne im Parc Fermé hochzuhalten?
Es ist ein überragendes Gefühl. Unser kleines Land vertreten zu dürfen auf einer internationalen Plattform wie der DTM ist klasse. Es macht mich stolz, unsere Fahne hochzuhalten – neben großen Namen wie Marcel Fässler, Sébastien Buemi und Neel Jani.
Bei acht der bisherigen zehn Rennen warst du am Podium. Ärgern dich die beiden fünften Plätze?
Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es nicht so ist. Gerade der fünfte Platz am vergangenen Sonntag war ärgerlich. Einfach weil ich sicher bin, dass wir das Rennen gewonnen hätten. Doch technische Probleme gehören dazu. Am Lausitzring hingegen waren andere schlauer als wir, vor allem die Münchner. Das muss man anerkennen und damit kann ich dann auch leben.
Wie gehst du damit um, der Gejagte zu sein?
Tatsächlich fühlt es sich für mich nicht so an. Für mich ist René als der amtierende Champion immer noch derjenige, den es zu schlagen gilt. Zusammen mit seinem Team hat er über die letzten drei Jahre hinweg einen so beeindruckenden Job abgeliefert, und er ist auch dieses Jahr wieder ein heißer Anwärter auf den Titel. Auch wenn er im Moment nicht die Meisterschaft anführt. Er ist doch immer oben mit dabei. Wir haben noch vier Wochenenden vor uns. Da kann noch sehr viel passieren.
An den Samstagen warst du bisher sowohl im Qualifying als auch im Rennen immer unter den Top drei. Wie kommt es, dass ihr gerade an den ersten Renntagen so erfolgreich seid?
Es zeichnet sich für mich schon freitags ab. Ich glaube, ich war immer mindestens auf Platz zwei im Freien Training und sieben oder acht Mal Schnellster. Es zeigt, dass wir in der Vorbereitung einen guten Job machen. Wir haben immer von der ersten Session an ein Auto gehabt, das gut funktioniert, was uns die Arbeit vor allem am Samstag einfacher macht. Dadurch müssen wir nicht so umfangreiche Setup-Anpassungen oder Fahrstil-Änderungen vornehmen, um das Maximale aus unserem Paket rauszuholen. Das war bisher sicher unsere große Stärke und ich hoffe, dass wir es beibehalten können. Zum Sonntag hin rückt das Feld natürlich näher zusammen. Aber auch da konnten wir uns noch jedes Mal verbessern.
Bist du eher jemand, der Vergangenes analysiert oder orientierst du dich mehr an dem, was vor dir liegt?
Ich glaube schon, dass es wichtig ist, zurückzublicken. Um Situationen besser zu durchleuchten und daraus wieder einen Schritt nach vorn zu machen. Man muss aber bedenken, dass wir in dieser Saison kaum noch Zeit zwischen den Rennen haben. Du hast vielleicht noch einen Tag Zeit, um zu reflektieren. Und dann musst du wieder den Schalter umlegen. Ich denke, dass diese Umstellung sehr wichtig ist und dass es im Moment auch eine unserer Stärken ist. Wir erkennen schnell, wo wir noch Potenzial haben und wie wir gleichzeitig unsere Vorteile beibehalten können.
Dein Teamkollege Robin (Frijns) ist dir in der Meisterschaft dicht auf den Fersen. Wie geht ihr damit um, dass ihr beide Titelkandidaten seid?
Es ist eine lustige Situation. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Das ist untypisch. Ich hatte so etwas bisher noch nie in meiner Karriere. Und dann auch noch im gleichen Team. Wir pushen uns gegenseitig extrem. Natürlich wollen wir den jeweils anderen auf der Strecke schlagen, das muss auch so sein. Aber es ist nicht so, dass schlechte Stimmung aufkommt, wenn einer den Kürzeren zieht. Wir haben zwei so starke Crews im Team und wer den besseren Job macht, hat es sich ganz einfach verdient. Das ist aus meiner Sicht eine sehr gesunde Basis. Ich bin überzeugt, dass Robin einer der talentiertesten Rennfahrer auf diesem Planeten ist. Und ich bin jedes Mal stolz, wenn ich ihn schlage. Ich freue mich aber auch für ihn, wenn er ein Rennen gewinnt. Ich glaube, dass im Moment unser gutes Verhältnis im Team zu unserer Stärke beiträgt. Ob einer von uns beim Finale in Hockenheim noch die Chance auf den Titel hat, werden wir sehen. Und dann hoffen wir auf einen heißen Showdown.
Du hast souverän das Gerücht widerlegt, dass Rennfahrer, die schon Vater geworden sind, langsamer wären….
Von diesem Mythos habe ich auch schon gehört. Aber ich denke, wir konnten beweisen, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Das vergangene Wochenende war aus meiner Sicht das stärkste, das ich je abgeliefert habe. Und ich glaube eher, dass unser Glück mit Fynn mehr beflügelt als alles andere. Ich habe mich noch nie so geerdet gefühlt, wie ich es aktuell tue.
Du bist auf Social Media aktiv und zeigst in deinem Driver’s Diary auch private Einblicke. Wie wichtig ist es dir, Kontakt zu den Fans zu halten?
Die sozialen Medien sind ein gutes Tool, um den Fans auch zwischen den Rennen Einblicke zu geben, um sie für unseren Sport zu begeistern und unsere Leidenschaft mit ihnen zu teilen. Da gehört das ein oder andere Private mit dazu. Ich versuche da einen gesunden Mix zu finden und hoffe, dass es die Leute freut, was sie zu sehen bekommen. Und dass damit auch bei ihnen die Vorfreude auf die Rennen steigt!
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