Der Bullen-Bändiger

merc-wolf-laud-braw-maonaco-2013-8-886x590Toto Wolff wurde vom Mercedes Motorsport Vorsitzenden Niki Lauda zu den Silberpfeilen geholt, um das F1 Team der deutschen Marke zum Laufen zu bringen und Red Bull Racing den Titel wegzuschnappen

Toto Wolff schlendert am Morgen durchs Fahrerlager, trägt ein legeres weißes Hemd, Jeans und einen Rucksack. Der 42 -Jährige sieht eher wie ein Student aus als wie der Geschäftsführer des derzeit führenden Teams in der Formel 1. Er wirkt sehr entspannt – und er hat allen Grund dazu. Wolff ist seit letztem Frühjahr an Bord des Mercedes AMG F1 Teams, als Landsmann Niki Lauda ihn zum Executive Director ernannte. In nur einer Saison spielte er eine Schlüsselrolle bei der Wandlung des Mercedes-Rennteams vom Mitläufer in einen Meisterschaftsanwärter. Während die Silberpfeile die Saison 2012 auf dem 5. Platz in der Konstrukteurs-WM mit nur einem Sieg beendeten, wurden sie in der vergangenen Saison mit acht Pole-Positions und drei Siegen Vizemeister. Im Jahr 2014 soll nun endlich der WM-Titel realisiert werden.

Racer und Investor
Der 42-jährige Österreicher begann seine Motorsport-Karriere in der österreichischen Formel- Ford-Meisterschaft und der deutschen Formel-Ford- Serie. Torger Christian, wie er wirklich von seinen Eltern getauft wurde, wurde Vizemeister in der österreichischen Rallye-Meisterschaft 2006 und gewann das 24- Stunden-Rennen in Dubai. Auf der Business-Seite, gründete Wolff Marchfifteen 1998 und Marchsixteen Investments sechs Jahre später, die zunächst auf Internet-und Technologieunternehmen konzentriert waren. Heutige Geldanlagen sind unter anderem die deutsche HWA AG, an der er eine 49%-Beteiligung im Jahr 2006 erstand und das Unternehmen jahrdarauf an der Börse notierte. Das Unternehmen betreibt das DTM-Rennprogramm für Mercedes Benz, entwickelt F3-Motoren und den Flügeltürer Mercedes-Benz SLS GT3 Rennwagen. Als stellvertretender Vorsitzender des Vorstands, Herrn Hans- Werner Aufrecht, Gründer von AMG, waren Wolffs Beziehungen zu Mercedes somit perfekt. Wolff hielt auch Anteile an Williams F1, wo er 2009 in den Vorstand eintrat und seine schottische Frau Susie (früher Stoddard) als dritter Fahrer und Entwicklungspilot unter Vertrag steht. 2012 wurde er zum Executive Director und führte das Team zu einem Grand-Prix- Sieg in Barcelona nach einer achtjährigen Durststrecke.

Mercedes-Benz W05 Formel 1 Silberpfeil F1 2014-007Nikis Mann

Doch nach seinem Abgang im Januar 2013 und seinem Wechsel zu den Silberpfeilen, musste Wolff seine 16 % Anteile verkaufen. Neben seiner Tätigkeit bei Mercedes, erwarb er auch 30% am Formel 1 Team. Der Österreicher übernahm die Koordination aller Mercedes -Benz Motorsport-Aktivitäten, um die Lücke, die sein langjähriger Vorgänger Norbert Haug hinterlassen hatte, zu füllen. Anders als Haug, ist Wolff eher ein Team-Player und arbeitet meist im Hintergrund. Unter anderem hat er eine so genannte “gesunde Alternative“ in der Fabrikmensa eingeführt und steht immer in engem Kontakt “mit allen im Formel 1-Team.“ Sein wichtigster Ansprechpartner ist Mercedes-F1-Boss Lauda. “Niki ist unser Vertreter für die Außenwelt, so etwas wie unser Außenminister. Er stellt sicher, dass wir genug Raum haben, um uns auf unsere Arbeit zu konzentrieren. Man kann nicht jemandem wie Niki sagen, was er zu tun hat und was nicht. Das wäre sicherlich das falsche Signal. Er ist dreifacher Weltmeister. Man muss vor dem, was er erreicht hat, seinen Hut ziehen. Er hat große Fähigkeiten, er ist direkt und erkennt die Dinge schnell. Wir wollen diese Stärken nutzen. Wir haben eine offene Beziehung und können alles zueinander sagen.“

Nur der Sieg zählt

Zu Wolffs Ernennung sagte Daimler- Chef Dieter Zetsche: „Als Unternehmer, Investor und Motorsport- Manager hat Toto Wolff bewiesen, dass dieser Sport in seinen Adern fließt, und gleichzeitig kennt er auch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten des Geschäft gut. Gemeinsam mit ihm und Niki Lauda, werden wir unsere Motorsport-Aktivitäten sicher weiterentwickeln.“ Aber der Druck auf Wolff ist groß, weil Mercedes erwartet nicht weniger als den Sieg, wie Zetsche unterstrich: „Natürlich ist es unser Ziel die Fahrer- und die Konstrukteursmeisterschaften 2014 zu gewinnen.“ Aber Wolff ist sich seiner Verantwortung bewusst: “Der Erfolgsdruck ist hoch, sonst wäre es kein Spaß sein, das ist eben Mercedes –Benz. Mercedes ist in die Formel gegangen um um Meisterschaften zu fahren und zu gewinnen muss das Ziel sein. Ein Formel 1 Team wird lediglich daran beurteilt, wie schnell es auf der Strecke ist. Alles andere ist zweitrangig. Glücklicherweise haben wir mit Nico Rosberg und Lewis Hamilton zwei Toppiloten.“

Helmut-Marko-Niki-Lauda-2013-articleTitle-1dca4f53-759954 Harte Bandagen

Die Wandlung von Mittelfeld-Team zu einem echten Titelanwärter hat die Rivalität zwischen Mercedes und dem aktuell dominierenden Red Bull Racing Team intensiviert. Die Tatsache, dass die “Silberpfeile “ nun von Niki Lauda verwaltet werden, während die „Renndosen “ unter den Fittichen seines Erzrivalen Helmut Marko stehen, heizte die Situation noch weiter an. Lauda und Marko waren F1 -Hoffnungen in den 1970er Jahren, aber während Lauda Dreifach –Champion wurde, beendet ein Stein, der während des 1972er Grand Prix in Clermont- Ferrand sein Helmvisier durchbohrte und ihn dauerhaft auf seinem linken Auge erblinden ließ, seine Karriere. Der Kampf um die Vorherrschaft in der Elite-Kategorie des Motorsports hat mit dem Infight zwischen dem Mercedes F1 Chef und Motorsportchef von Red Bull Racing angezogen. Ein erster negativer Höhepunkt war der massive Angriff von Red Bull auf Mercedes nach den geheimen Reifentests der Deutschen in Barcelona letzte Saison. Während Marko einen vollen Punkteabzug und eine saftige Geldstrafe forderte, erteilte die FIA nur eine Rüge und den Ausschluss vom nachfolgenden Young Drivers ‚Day Test. Im Vorfeld der Saison 2014, behauptete Marko, Lauda und Wolff hätten die FIA zur Einführung der massiven Regeländerungen gedrängt, besonders, dass der Motor schon heuer kommt, damit Mercedes seinen Aggregat-Vorteil nutzen kann. Nach seiner Meinung dazu gefragt, meinte Wolff, er kümmere sich nicht “um die Befindlichkeiten bestimmter Personen. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit und nicht die Aussagen eines Brauseherstellers“.

Bereit für den Durchbruch

“Toto ist nicht zufrieden mit Platz zwei. Er will immer gewinnen“, sagte sein bester Kumpel Christian Nordberg. Und dieser Durchbruch scheint 2014 mehr denn je möglich. Bei der Saisoneröffnung in Australien, fuhren Hamilton und Rosberg die Strecke deutlich schneller als ihre Konkurrenten, was zu Lewis‘ 32. Pole-Position und zum vierten GP -Sieg von Nico führte. „Wir haben einen guten Job gemacht Down Under. 90% haben gepasst. Es war schade, dass Lewis seinen Spitzenplatz am Start nicht nutzen konnte. Aber wir alle wussten, dass die Zuverlässigkeit ein wichtiger Faktor in dieser Saison ist. Dennoch haben wir den nötigen Speed und ein gutes Paket“, so Wolff nach dem Rennen. Dennoch warnte der „Berufspessimist“ vor „törichtem Optimismus “und fügte hinzu: „Bei derart massiven Regeländerungen muss man die Erwartungen niedrig halten, denn wenn man ins Wochenende mit der rosa Brille geht und sagt ‚das ist unser Jahr‘ wäre es nicht die richtige Einstellung. Australien hat gut gepasst, aber es ist kein typisches Rennen. Wenn die Dinge auch in Malaysia und Bahrain passen, dann können wir optimistisch sein.“ Laut Nordberg, ist für Wolff das “Heimspiel” am österreichischen Red Bull Ring ein Muss zu gewinnen. „Als ich zwanzig war, habe ich als Race Instructor am alten Österreich -Ring gearbeitet. Daher ist es so etwas wie eine sentimentale Verpflichtung hier diesen Sommer zu gewinnen“, verriet Wolff. Die Formel 1 kehrt nach zehn Jahren Pause im Juli 2014 nach Spielberg zurück, wo Wolff und sein Team die goldene Gelegenheit haben Red Bull auf heimischem Boden zu besiegen.

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