Servus-TV-Experte Mathias Lauda macht sich im Red Bull Talk Gedanken über den bevorstehenden Österreich GP, die Dominanz von Red Bull, das Chaos bei Ferrari, und vieles mehr
Wie zufrieden bist du als leidenschaftlicher Formel 1-Fan mit der bisherigen Saison?
Der Kampf um Platz 2 ist im Moment sehr spannend. Die Überraschung des Jahres ist für mich Aston Martin mit Fernando Alonso. Er blüht auf, fährt konstant auf das Podium und holt alles raus. Es ist schön zu sehen, wie ein toller Fahrer mit einem guten Auto performen kann. Fernando macht gerade einen super Job.
Eigentlich geht’s in der Formel 1 aber um Platz 1…
Max ist derzeit unglaublich dominant. Er wird immer reifer und besser. Das ist für die Konkurrenz leider ein Albtraum, weil der Junge fährt in diesem Jahr sehr gelassen und extrem locker und ist trotzdem fast unschlagbar. Aber man muss abwarten. Aston Martin und Mercedes kommen Red Bull Racing schrittweise näher und ich glaube, dass es gegen Ende der Saison viel enger wird
Hast du so eine Dominanz schon mal erlebt?
Mich erinnert die momentane Situation sehr an die Schumacher-Zeiten bei Ferrari. Das Auto ist richtig gut gegangen und er hat ein Rennen nach dem anderen gewonnen. Michael Schumacher war der beste Fahrer im besten Auto – diese Kombination ist zu jeder Zeit unschlagbar.
Wer oder was liegt im Moment hinter deinen Erwartungen?
Puh… das ist schwer zu sagen. Ich bin keiner, der auf einen Fahrer draufhaut, das finde ich nicht okay. In der Formel 1 sind die besten Fahrer und ich habe vor allen großen Respekt. Aber ehrlicherweise muss man feststellen, dass Sergio Pérez jetzt nachlegen muss. Er hatte am Anfang der Saison gute Rennen, zum Beispiel in Baku, da war er sehr stark. Aber seit Monte Carlo, seit dem Fehler im Qualifying, hat er ein Tief und da muss er schnell wieder raus. Er fährt im besten Team und muss Minimum auf Platz 2 und 3 stehen. Sergio hat gerade eine harte Zeit, aber ich bin mir sicher, dass er sie meistern wird
Über Mercedes und Aston Martin hast du gesagt: Sie kommen Red Bull Racing näher. Was ist mit Ferrari? Bei der Scuderia hat man das Gefühl, sie entwickelt sich eher zurück…
Nein, nicht ganz. In Barcelona war Ferrari wirklich nicht gut, da waren sie schwach. Aber in Kanada sind die Ferrari von 11 und 12 gestartet und wurden 4. und 5. – und der Abstand zu Lewis Hamilton war am Ende nur 10 Sekunden. Das heißt: Wären sie weiter vorne gestartet, dann wären sie vorne mitgefahren. Auch Ferrari ist meiner Meinung nach ein Stück nähergekommen. Zwischen Ferrari, Aston und Mercedes wird es ab jetzt richtig eng, die drei Teams liegen mittlerweile innerhalb weniger Zehntel
Im Moment ist Aston Martin zweistärkste Kraft. Können sie das die ganze Saison durchhalten?
Ja, auf jeden Fall und vielleicht sogar noch mehr. Aston hat im Vergleich zu Red Bull, Mercedes und Ferrari viel mehr Stunden im Windkanal und sie werden mehr Updates bringen. Gegen Ende der Saison kann Aston Martin richtig schnell und sehr gefährlich für Red Bull Racing sein.
Fährt Red Bull Racing bereits am Limit oder anders gefragt: Wieviel Leistungs-Reserve hat Max Verstappen wirklich noch in seinem Auto?
Das ist unmöglich zu beantworten, weil Red Bull Racing das nie verraten würde. Ich glaube aber schon, dass Max in Kanada gepusht hat, weil er schon ein paar kleine Fehler gemacht hat. Es war also kein einfaches Rennen für ihn. In Barcelona hatte Red Bull einen Vorsprung von über 20 Sekunden, in Kanada waren es noch 10 Sekunden Abstand. Red Bull kann nicht mehr „nur rollen“, die müssen ab sofort wirklich kämpfen. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Red Bull Racing noch viel in der Reserve hat.
Wann wird sich die reduzierte Windkanal-Zeit für Red Bull Racing wirklich auswirken, wann kann das fürs Team zum Problem werden?
Das wird vermutlich schon nach der Sommerpause spürbar sein. Da sind die Stunden im Windkanal weg und dann kommen einfach keine Updates mehr. Aber Red Bull Racing hat ein perfektes Grundauto und sich damit einen schönen Vorsprung erarbeitet, der gegen Ende der Saison wahrscheinlich schmelzen wird. Ich glaube eher nicht, dass Red Bull Racing nicht alle Rennen der Saison 2023 gewinnen kann, da werden auch Mercedes, Aston und Ferrari mitreden.
Demnächst startet die „Silly Season“. Auf welche Verrücktheiten am Fahrermarkt dürfen wir uns freuen? Welche Gerüchte hast du gehört?
Leider gar keine. Ich bin ein großer Fan der „Silly Season“, aber derzeit sind alle Plätze vergeben. Lewis Hamilton wird in den nächsten Wochen bei Mercedes unterschreiben, das ist ganz klar, der bleibt dort. Russell, Sainz, Leclerc haben laufende Verträge. Bei Red Bull ist Perez mit seinem Zweijahres-Vertrag auch gesetzt. Bei Aston ist Fernando unter Vertrag, Stroll kann da fahren, solange er will. Haas wird mit Nico und Magnussen weitermachen. Eigentlich sind alle Plätze fix, daher wird sich ganz wenig tun am Fahrer-Karussell.
Sprechen wir über den Grand Prix von Österreich am 2. Juli. Kommt Max Verstappen schon als – nicht verhinderbarer – Weltmeister 2023 zum Red Bull Ring?
Man darf nie zu früh feiern, egal in welcher Sportart. Die WM ist erst entschieden, wenn Max genügend Punkte hat und ihn niemand mehr einholen kann – dann ist er Weltmeister. Ich glaube, dass Max jetzt noch nicht an den Titel denkt. Seine Motivation ist es, aus jedem Wochenende, aus jeder Session immer das Beste rauszuholen. Max will in Österreich das Rennen gewinnen und nicht die WM. Dass er die WM aber nicht erst beim letzten Grand Prix in Abu Dhabi für sich entscheidet, ist wahrscheinlich… das wird eher sehr früh passieren.
Was ist deine Prognose für den Österreich GP? Wird es der 101. Sieg für Red Bull Racing?
Ich glaube, das Mercedes Red Bull Racing am Spielberg erstmals wirklich herausfordern kann. Das Auto liegt sehr gut in den mittleren und schnellen Kurven, das ist seine Stärke. Das Rausbeschleunigen aus langsamen Ecken ist eher ein Nachteil bei Mercedes. Daher müsste eine Strecke wie der Red Bull Ring dem Mercedes im Moment gut passen. Theoretisch sollten Lewis und George am Spielberg noch näher dran sein.
Was ist die rennentscheidende Stelle am Red Bull Ring?
Sicher die letzte Kurve. Die ist extrem schwierig zu fahren, hängt nach außen, was ganz untypisch für eine Formel 1-Kurve ist. Hier musst du als Fahrer den Scheitelpunkt perfekt erwischen, weil du den ganzen Speed auf die Zielgerade mitnehmen willst, aber immer auf die Track Limits aufpassen musst. Die Track Limits werden sicher wieder ein Riesenthema beim Austrian GP. Die weiße Linie kann rennentscheidend sein…
Apropos rennentscheidend: Technische Ausfälle spielen in dieser Saison fast keine Rolle mehr…
Das ist wirklich unglaublich und ich bin echt überrascht. Seitdem ich 8 Jahre alt bin, habe ich jedes Formel-1-Rennen gesehen – live oder vorm Fernseher – und Ausfälle waren immer ganz normal. Platz 1 während des Grand Prix war früher keine Garantie auf den Sieg, wenn noch zehn Runden zu fahren waren. Heute sind die Motoren klein, zuverlässig und schnell. Das zeigt, welche Innovationskraft in der Formel 1 steckt.
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